Die Haut
Die Anhängsel der Haut – eine haarige Angelegenheit
Was haben die Innenflächen der Hände, Lippen, Fußsohlen, Finger- und Fußnägel gemeinsam? Stimmt, darauf wächst kein einziges Haar. Tatsächlich sind es die einzigen Körperstellen, die garantiert unbehaart bleiben. Auf den restlichen rund 96% der Hautoberfläche kann so einiges wachsen, je nach Typ mehr oder weniger ausgeprägt.
Das begeistert nicht Jede(n), freut aber Waxing Studios und Hersteller von Epiliergeräten. Was die Natur in Jahrmillionen langer Evolution vorgesehen hat, gerät mit heutigen Schönheitsidealen schon mal in Konflikt – zumal in tiefer Vorzeit sinnvolle Funktionen wie der Schutz vor Kälte heute weniger gebraucht werden.
Aber warum befassen wir uns mit dem Thema? Wissenschaftlich betrachtet gehören Haare zum Flächenorgan Haut. Biologen benutzen dafür den etwas sperrigen Begriff „Hautanhangsgebilde“ (Adnexa). Die Nägel unserer Finger und Zehen zählen übrigens auch noch dazu.
Anhängsel der Haut – an den Haaren herbeigezogen
Bis heute helfen Haare dabei unsere Haut und unseren Körper zu schützen. Unser Kopfhaar z.B. sorgt dafür, dass die Kopfhaut vor Sonnenbrand geschützt wird. Auch unsere Körpertemperatur wird durch sie reguliert: Ist es kalt, wird Wärmeverlust verhindert und bei hohen und heißen Temperaturen sorgen sie für Abkühlung.
Unsere Augenbrauen und Wimpern schützen das Auge vor Fremdpartikeln und die Nasenhaare sind quasi unser Schutz gegen schlechte Luft, indem sie die Luft filtern, bevor sie in die Lunge gelangt. Die Hautanhängsel bestehen hauptsächlich aus Keratin, einem Protein, dass in der Haut zu finden ist.
Was aus der Haut herausragt, wird Haarschaft genannt – ein totes aber für unser Gefühl von Ästhetik wichtiges Material. Das Haarfollikel ist eine Einstülpung der Oberhaut, das tief in die Haut rein ragt und das Haar in der Haut verankert. Es beherbergt verschiedene Bestandteile, die für das Haarwachstum und die Gesundheit wichtig sind. Unter der Hautoberfläche steckt die Haarwurzel, die umhüllt ist von einer Zellschicht, die sie versorgt. Die Haarwurzel mündet tief in der Haut in die Haarzwiebel, wo das Haar produziert wird. Die Haarpapille befindet sich unter der Zwiebel, ist gut durchblutet und versorgt die Haarzwiebel mit wichtigen Nährstoffen. An der Grenze zwischen Papille und Zwiebel wird das Haar gebildet. Die Talgdrüsen haben neben dem Haarfollikel ihren Ausgang, und der abgesonderte Talg umhüllt das Haar mit einer schützenden Fettschicht.
So dünn und fein der Haarfollikel auch ist – tatsächlich sitzt an jedem ein kleiner Muskel. Der ist in der Lage, das Haar aufzurichten. Wenn Ihnen in der nächsten Ausnahmesituation mal wieder die „Haare zu Berge stehen“ oder Sie „Gänsehaut bekommen“, wissen Sie, dass gerade Tausende von Minimuskeln koordiniert bei der Arbeit sind.
Die Beschaffenheit der Haare ist übrigens recht vielfältig. Wollhaare, auch Vellushaare genannt, heißen die feinen, kurzen Haare am Körper. Sie sind besonders gut zu erkennen als der feine Flaum auf der Haut von Babys und Kleinkindern. Als Lang- oder Terminalhaare werden die Kopf- und Barthaare, Wimpern, Augenbrauen und Schamhaare bezeichnet. Dazu gehört auch die männliche Körperbehaarung, etwa an Brust oder Bauch.
Kleines Zahlenspiel
- Auf 96% der Hautoberfläche können Haare wachsen
- 70 bis 100 Haare verliert ein Mensch durchschnittlich pro Tag
- Mehrere Jahre wachsen Kopfhaare und werden deshalb weit über 1 Meter lang
- 100 bis 150 Tage wachsen Wimpern und Augenbrauen und bleiben deshalb kurz
Gold, braun oder schwarz – die Haarfarbe entsteht durch den unterschiedlichen Gehalt des Farbstoffs Melanin in den verhornten Zellen. Das Eumelanin sorgt für die Schwarzbraunfärbung, das Phäomelanin für eine rot-gold Färbung. Der Gehalt und die Zusammensetzung variieren individuell stark. Mit zunehmendem Alter nimmt die Melaninmenge meist ab, gleichzeitig wird vermehrt Luft in das Haar eingeschlossen. Die Folge: Es verliert seine Farbe und wird grau oder weiß.
Wie mögen Sie’s am liebsten, glatt oder lockig? Das regelt die Natur durch den Querschnitt des Haares. Ist er rund, wächst das Haar glatt aus der Haut, wie z.B. bei vielen Asiaten. Verformungen, z.B. Dauerwellen sind schwierig zu erreichen. Je ovaler sein Querschnitt ist, desto intensiver locken sich die Haare.
Beständiges Wachstum, ein Leben lang
Und wie wächst das Haar? Rund um die Papille, in der sogenannten Haarzwiebel, bilden sich ständig neue Zellen. Sie verkleben miteinander und verhornen dabei. Wenn sich von unten immer neue verhornte Zellen an das Haar ankleben, schiebt es sich allmählich aus der Haut heraus. Ein Kopfhaar schafft so jeden Monat etwa einen Zentimeter. Barthaare, aber vor allem Augenbrauen, Wimpern und die Körperbehaarung wachsen langsamer.
Solange in der Haarzwiebel immer neue Hornzellen entstehen, wächst das Haar in die Länge. Der Zyklus des Haarwuchses besteht aus 3 Phasen. Anagen ist die Wachstumsphase, Katagen stellt die Übergangsphase dar, in der die Haare aufhören zu wachsen und Telogen ist die Ruhephase, in der kein Wachstum stattfindet und das Haar letzlich abgestossen wird. Danach startet der Zyklus wieder von vorne.
Zu jedem Zeitpunkt befinden sich etwa 90 Prozent aller Haare eines Menschen in der Wachstumsphase. Die ist unterschiedlich lang, je nachdem, wo das Haar wächst: Auf der Kopfhaut können Haare mehrere Jahre wachsen. Deshalb können Kopfhaare weit über einen Meter lang werden. Besonders kurz ist die Wachstumsphase bei Wimpern, Augenbrauen oder den Haaren am Eingang von Ohr und Nase. Sie wachsen nur etwa 100 bis 150 Tage lang. Darum bleiben diese Haare relativ kurz.
Der beste Schutz gegen Haarausfall ist eine Glatze-
Telly Savalas
Schauspieler, alias Kommissar Kojak in „Einsatz in Manhattan“
Am Ende der Wachstumsphase löst sich die Haarwurzel von der Papille ab – ein Prozess, der etwa zwei bis vier Wochen dauert. Danach ist das Haar von der Blutversorgung abgetrennt; es wird langsam aus der Haut gedrückt und fällt schließlich aus. Nach einigen Wochen oder Monaten vermehren sich aber am Grund des „leeren“ Haarfollikels wieder neue Haarzellen und bilden neues Haar: Der Haarzyklus beginnt von vorn.
Haarausfall – eine haarige Angelegenheit
Da immer wieder Haare in die Ruhephase übergehen und dann ausfallen, verliert ein Mensch ständig Haare. 70 bis 100 am Tag sind ganz normal. Weil aber gleichzeitig auch neue Haare nachwachsen, nehmen wir diesen natürlichen Haarausfall kaum wahr. Volles, gesundes Haar empfinden die meisten Menschen, besonders Frauen, als schön. Deshalb schrillen bei vielen die Alarmglocken, wenn deutlich mehr Haare ausfallen. Das passiert zum Beispiel, wenn die Haarwurzeln während der Wachstumsphase geschädigt werden. Durch gute Pflege, eine gesunde Diät und sorgsamen Umgang mit der Frisur lässt sich das z.T. verhindern.
Manchmal temporär, manchmal dauerhaft
Ist der Haarausfall so massiv, dass eine kahle Stelle entsteht, sprechen Dermatologen von Alopezie. Manche Formen der Alopezie können wieder verschwinden, und die Haare wachsen wieder nach, z.B. nach einer Chemotherapie. Eine Haarlosigkeit kann aber auch Bestehenbleiben – ein typisches Beispiel ist die dauerhafte, genetisch bedingte Glatzenbildung bei Männern.
Nicht schön, aber erträglich; wie sagte doch der amerikanische Schauspieler Telly Savalas, alias Kommissar Kojak in „Einsatz in Manhattan“: „Der beste Schutz gegen Haarausfall ist eine Glatze.“