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Sonnenschutz

Wie wird der Schutzfaktor einer Sonnencreme getestet?

Die Angaben auf einem Sonnenschutzprodukt sind nicht nur wichtig, sondern die Konsumenten verlassen sich auch auf ihre Richtigkeit. Bevor Zahlen über den Lichtschutzfaktor oder Hinweise über die Stärke des UVA-Schutzes auf der Verpackung landen können, durchlaufen die Produkte Testverfahren, die diese Werte validieren.

Wer eine Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor benötigt und sich auf die Angaben auf der Verpackung verlässt, muss darauf auch wirklich vertrauen können. Damit die Angaben der Realität entsprechen gibt es Testverfahren. Die Bezeichnungen dieser Tests sind Ihnen bestimmt schon einmal über den Weg gelaufen. Sie spielen quasi bei allen kosmetischen und pharmazeutischen Produkten eine Rolle.

 

In Bezug auf den Sonnenschutz wollen wir 3 dieser Tests kurz vorstellen:

  • in-vivo Test

Stammend aus dem Lateinischen vivus bedeutet es aus dem Lebenden oder im Lebendigen. Reaktionen am, bzw. im lebenden Organismus werden getestet. Hierfür werden Probanden benötigt, denen die kosmetische Formulierung auf die Haut aufgetragen wird. Diese Art der Wirksamkeitstests ist durch den Aufwand mitunter sehr kostspielig. Für in-vivo Tests von Sonnenschutzmitteln existiert ein weltweiter Standard, die ISO 24444:2019. Dieser weltweite Standard regelt und reglementiert die in vivo Bestimmung des Sonnenschutz- bzw. Lichtschutzfaktors.

  • in-vitro Test

Der lateinische Begriff in vitro kann als „im Glas“ übersetzt werden. Es handelt sich um einen Labortest ohne die biologische Testbasis durch einen Probanden. In Bezug auf den Schutz vor Hautschädigungen bedingt durch die UVA-Strahlung existiert auch hier ein Standard. ISO 24443:2021 regelt die Bestimmung des UVA-Schutzfaktors. Laut Empfehlung der Europäischen Kommission sollte der UVA Schutzfaktor mindesten ein Drittel vom Sonnenschutzfaktor betragen.

  • in-silico Test

Vom Lateinischen in silico. Abgeleitet vom chemischen Element Silizium. Ergebnisse werden anhand Computersimulationen erhoben und ausgewertet. Die Arbeit mit dem Sunscreen Simulator ist ein in-silico Test, bzw. eine in-silico Studie. Um den SPF, den Lichtschutzfaktor, zu bestimmen, dient der Sunscreen Simulator mittlerweile als anerkanntes Werkzeug in der Industrie. Durch seine Fähigkeiten schaffen es die Hersteller die Markteinführungszeiten ihrer Produkte enorm zu verkürzen. Statt der aufwendigen in-vivo und in-vitro Studien kann vermehrt online geforscht werden, um kosteneffizienter und schneller zu besseren Ergebnissen zu kommen. BASF hat in den vergangenen Jahren sehr viele in-vivo Tests durchgeführt und die Kalkulationen des Sunscreen Simulators mit diesen Ergebnissen abgeglichen. Aufgrund dieser Erfahrungswerte ergibt sich eine gute Korrelation zwischen in-silico und in-vivo.

UV-Schutz wird am Probanden getestet 

Die alte Gedankenstütze B=Burn, die lediglich UVB-Strahlen für Schädigungen verantwortlich machte, ist aus vielerlei Hinsicht überholt. Heute wissen wir, dass beide Seiten, UVA und UVB, ihre Gefahren haben.Der Lichtschutz- oder Sonnenschutzfaktor beschreibt den Schutz der Haut vor den direkten und sichtbaren Schäden durch UV-Bestrahlung, also vor dem Sonnenbrand, fachspezifisch Erythema genannt. Um nun die Höhe des LSF zu bestimmen, kommt die ISO 24444:2019 ins Spiel. Durch den in vivo Test kann der Lichtschutzfaktor schlussendlich bestimmt werden und ist der aktuelle Goldstandard für die Bewertung von Sonnenschutzmitteln. 

Wie läuft ein solcher Test ab und was muss man berücksichtigen? Ziel einer ISO 24444 Methode ist , dass bestimmte Rahmenbedingungen und Parameter eingehalten werden, damit die Ergebnisse, egal in welchem Labor und egal, wo auf der Welt sie gemessen werden, vergleichbar sind. Hierzu zählen u.a. die Applikationsmenge, die Art der Bestrahlung, der UV-Bereich, die Hauttypen der Testpersonen oder sogar die Raumtemperatur in der Testumgebung. Pro Testreihe werden 10 bis 20 Freiwillige Testpersonen benötigt, um aussagefähige Ergebnisse zu erhalten. Probanden können und dürfen auch mehrmals an solchen Tests teilnehmen. Allerdings müssen mindestens 8 Wochen dazwischen liegen und alle sichtbaren Zeichen einer Sonnenexposition (Bräunung, Sonnenbrand) müssen verschwunden sein. 

Auch wenn dieser Test am Menschen durchgeführt wird, gilt in vivo als Labormethode. Mithilfe einer Xenonlampe, die als Sonnensimulator dient, wird der Rücken des Probanden den ultravioletten Strahlen ausgesetzt, die in der Regel für den Sonnenbrand verantwortlich sind. Die Lampe muss gleichmäßig leuchten/strahlen und darf nicht zwischen extrem hohen UV-Werten und extrem niedrigen UV-Werten schwanken. Auf einen Bereich des Rückens wird eine Menge von 2mg/cm2 des zu testenden Sonnenschutzmittels aufgetragen, ein anderer Bereich der Rückenhaut empfängt die Strahlen ungeschützt. Im dritten Bereich wird ein Referenzmittel aufgetragen, um die erzielten Ergebnisse kontrollieren und validieren zu können.

Es gibt 5 verschiedene Referenzformulierungen, die einen SPF 15 bis zu einem SPF 60 abdecken. Ob ein Referenzprodukt mit hohem oder mit niedrigem LSF ausgewählt wird, hängt ganz einfach damit zusammen, mit welchem Lichtschutzfaktor beim „neuen“ Produkt gerechnet wird und welcher Vergleichswert benötigt wird. 

Testbasis "Menschliche Haut" nie zu 100% identisch

In einem Zeitraum von 16 bis 24 Stunden nach der Bestrahlung schaut sich ein geschulter Laborant die verschiedenen Reaktionen auf der „behandelten“ und der „unbehandelten“ Haut an. Es wird aufgrund der Beobachtungen die individuelle minimale Erythemadosis (MED) der geschützten und der ungeschützten Haut festgestellt, auch Schwellendosis genannt. Aus dem Verhältnis der beiden Werte ergibt sich dann der LSF für das Produkt. 

Auch wenn es einen weltweiten Standard gibt, kann es zu unterschiedlichen Messergebnissen von Institut zu Institut kommen. „Wir müssen bedenken, dass wir den SPF in vivo testen, also direkt am Menschen. Die Testbasis, die menschliche Haut, ist von Mensch zu Mensch nie zu 100% identisch. Dies ist ein Grund für mögliche Abweichungen“, berichtet Marcel Schnyder, Head Global Technical Center Sun Care der BASF. 

Zudem kann der Endpunkt der Messung zu Unterschieden führen. Mit dem Endpunkt ist hierbei das Erythem, die Rötung der Haut, gemeint. Der eine Tester erkennt eine Rötung, für einen anderen Tester ist es vielleicht noch nicht sichtbar oder ausreichend. Kleine Unterschiede sind aber einkalkuliert, bzw. erlaubt. Am Ende steht ein einheitlicher Wert, auf den sich die Konsumenten verlassen können. 

Trotzdem wird weltweit weiter geforscht, um eine in vitro-Methode zu entwickeln, die solche Abweichungen reduziert. Zudem ist eine in vitro-Methode aus ethischer Sicht wünschenswert und könnte darüber hinaus auch Kosten für die Unternehmen und Hersteller senken. In einem unserer nächsten Artikel beschäftigen wir uns mit der Forschung nach einer SPF in vitro-Methode. Dafür hören wir dann bei unseren Kollegen in Grenzach nach und bringen uns auf den neuesten Stand der Dinge.