Haare & Kopfhaut
Die Sache mit den Locken
Warum haben wir Locken? Um es vorwegzunehmen: Auch dieses Thema aus der Welt der Haare ist gar nicht ganz so einfach zu beantworten. Zusammen mit unserem Kollegen Dr. Hans-Martin Haake, Head of Application Technology Personal Care bei BASF gehen wir der haarigen Sache einmal nach.
Wie mögen Sie’s am liebsten, glatt oder lockig? Für die Seele, unser Selbstbewusstsein und die persönliche Zufriedenheit sind die Haare von Bedeutung. Eine lockige Haarpracht zu haben ist für viele Menschen ein Traum. Und wer glattes Haar hat, bemüht mitunter Technik und Chemie, um sich seine eigenen Locken zu kreieren. An dieser Stelle wollen wir gar nicht auf das Thema der Pflege lockiger Haare oder gar Dauerwelle eingehen. Vielmehr ist es die Suche nach dem Warum. Dem „Warum sind einige Haare von Natur aus lockig?“
Die Antwort dazu ist, nun ja, irgendwie nicht ganz so einfach zu geben. Warum Haare locken, ist aus wissenschaftlicher Sicht zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht in Gänze geklärt und wird durchaus kontrovers diskutiert. Die Haarwissenschaft ist ein komplexes Feld im Personal Care Bereich und bietet in vielen Bereichen immer noch viel Potential für Diskussionen und Raum für diverse Meinungen und Folgerungen. Unsere Suche nach dem Ursprung der Locken hat eines gezeigt: Annahmen und Behauptungen gibt es viele. Die eine Ursache scheint es nicht zu sein. Vielmehr scheint es ein Zusammenspiel verschiedener Gründe und Faktoren zu sein, das den Unterschied zwischen glatt und wellig auszumacht.
Mit den Locken kommt Oprah ins Spiel
Vielleicht kennen Sie aus einem unserer Artikel zum Thema Haut und Sonnenschutz den Ansatz der verschiedenen Hauttypen. Besonders mit Blick auf den richtigen UV-Schutz ist es wichtig, seinen Hauttyp zu kennen. Für Haare gibt es auch eine Art Kategorisierung. Ein System, welches die verschiedenen Haartypen einteilt und beschreibt. Andre Walker hat das „Hair Typing System“ auf den Weg gebracht. Walker, Hairstylist, Emmy-dekoriert und besonders bekannt durch die Oprah Winfrey Show, teilt das Haar in vier Typen ein:
- Glatt
- Gewellt
- Lockig
- Kraus.
Gewellte, gelockte und krause Haare gehören dabei zum Oberbegriff „Strukturiertes Haar“. Unterteilt wird sein System noch durch zusätzliche Einteilungen von A bis C. Darin enthalten sind dann z.B. Abstand und Durchmesser der Locken. Übrigens: Dass glattes Haar an Position 1 steht hat nichts mit besser oder schlechter zu tun. Es handelt sich wirklich nur um Kategorien zur Identifizierung, nicht um Bewertung oder Qualitätseinstufungen.
Weitere Identifikationen, bzw. Einteilungen verschiedener Haartypen finden sich im ethnischen Bereich. So wurde lange diese Einteilung gewählt:
- Asiatisches Haar
gerader, schwarzer, runder Querschnitt - Europäisches od. kaukasisches Haar
schwarzblond, glatt-gewellt, leicht elliptisch (rund bis ovaler Durchschnitt) - Afrikanisches Haar
lockig bis sehr kraus, schwarz, stark elliptisch
Diese Einteilung ist jedoch sehr vereinfacht und wird inzwischen durch weitere Gruppen ergänzt. Das ist auch gut nachvollziehbar, da es viele Menschen gibt, die z.B. gewelltes oder lockiges asiatisches Haar haben, oder auch glattes oder lockiges kaukasisches Haar.
Haare sind eigentlich mehr als ein Anhängsel
Wissenschaftlich betrachtet gehören Haare zum Flächenorgan Haut. Biologen benutzen dafür den etwas sperrigen Begriff „Hautanhangsgebilde“ (Adnexa). Die Nägel unserer Finger und Zehen zählen übrigens auch noch dazu. Die Hautanhängsel bestehen hauptsächlich aus Keratinen, einer Proteinklasse, die in der Haut, in Haare und in Wolle vorkommt. Der sichtbare Teil des Haares ist der Haarschaft. Dieses „tote“ Material ist für unser Aussehen maßgeblich mitverantwortlich. Aufgebaut ist der Haarschaft in 3 Schichten: Cuticula – Cortex – Medulla.
Die Gänsehaut
So dünn und fein der Haarfollikel auch ist – tatsächlich sitzt an jedem ein kleiner Muskel. Der ist in der Lage, das Haar aufzurichten. Wenn Ihnen in der nächsten Ausnahmesituation mal wieder die „Haare zu Berge stehen“ oder Sie „Gänsehaut bekommen“, wissen Sie, dass gerade Tausende von Minimuskeln koordiniert bei der Arbeit sind.
Haare sind übrigens nicht gleich Haare. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Haaren, die in unterschiedlichen Lebensphasen, bzw. Altersabschnitten vorkommen. Die Beschaffenheit der Haare ist recht vielfältig. Wollhaare, auch Vellushaare genannt, heißen die feinen, kurzen Haare am Körper. Sie sind besonders gut zu erkennen als der feine Flaum auf der Haut von Babys und Kleinkindern. Als Lang- oder Terminalhaare werden die Kopf- und Barthaare, Wimpern, Augenbrauen und Schamhaare bezeichnet. Dazu gehört auch die männliche Körperbehaarung, etwa an Brust oder Bauch.
Kommen wir jetzt aber zurück zu den Locken. Es gibt über Locken viel zu lesen. Neben Pflege und Styling natürlich auch über das „Warum sind einige Haare von Natur aus lockig?“ Grund genug unserem Kollegen Dr. Hans-Martin Haake, Head of Application Technology Personal Care bei BASF, ein paar Fragen zu stellen.
Ein angeblicher Fakt zum Thema Locken hat uns ein Grinsen ins Gesicht gezeichnet. Bei 95% von Rechtshändern locken sich die Haare im Uhrzeigersinn. Bei Linkshändern sei keine bevorzugte Kringelrichtung zu beobachten.
Hans-Martin (mit einem Augenzwinkern): Das ist eine These, die schon viele Jahre alt ist. Aufgestellt wurde sie vom amerikanischen Genforscher Amar Klar. Seine Beobachtungen fanden statt, weil er auf der Suche nach einem Gen war, welches für Rechts- oder Linkshändigkeit verantwortlich sei. Lassen wir es mal so stehen.
Hans-Martin, wenn man sich Asiaten anschaut, meint man das typische, klassische glatte Haar zu sehen. Anatomisch begründet in ihrem runden Querschnitt der Haare….
Hans-Martin: Ja, das kann man meinen. Aber wie viele Dinge in der Wissenschaft, ist es manchmal anders als man denkt. Manchmal auch nicht so simpel.
Was genau ist gemeint?
Hans-Martin: Denken Sie nur an die Kombination von Wasser und trockenen Haaren. (Anmerk. Redaktion: Den Artikel zum Thema finden Sie hier.) Die Annahme, dass der Querschnitt der Haare für Locken oder eben keine Locken verantwortlich ist, ist vermutlich zu vereinfacht und eben auch nicht vollständig. Die Studie „The what, why and how of curly hair: a review“ kam in Untersuchungen zu einem überraschendem Ergebnis. Obwohl asiatisches Haar als „glatt“ angesehen wird, hatten 47% japanische Teilnehmer in einer Stichprobe lockiges Haar. Ihr Lockenradius variierte zwischen 0,6 und 16 cm. Von eindeutig glattem Haar bei Asiaten kann da nicht gesprochen werden.
Welche Theorien gibt es zur Lockenbildung?
Hans-Martin: Eine Erklärung ist, dass die Form des Haarfollikels bestimmt, ob das Haar lockig oder glatt wird. Man kann sich das wie einen Extrusionsprozess vorstellen. Je nach Form des Follikels, quasi der „Düse“, entstehen glatte oder lockige Haare. Die andere Erklärung zieht die Verteilung der verschiedenen Keratinproteine und -aggregate heran. Der Prozess des Haarwachstums ist sehr kompliziert. In der Haarwurzel werden Zellen produziert, die verschiedene Keratinproteine enthalten. Diese Zellen werden durch das Wachstum nach oben geschoben. Auf diesem Weg aggregieren Keratine und bilden verschiedene, komplexe Strukturen. Im weiteren Verlauf differenzieren die Zellen sich weiter aus, sie verhornen, verlieren Wasser, sterben ab und die enthaltenen Proteine bilden sehr komplexe Strukturen. Die Verteilung der unterschiedlichen Zelltypen im Querschnitt entscheiden dieser Theorie zufolge, ob ein Haar gelockt wird oder nicht.
Eine finale Begründung für lockige Haare….
Hans-Martin: Vermutlich tragen beide genannten Mechanismen bei, vielleicht auch in unterschiedlichem Ausmaß je nach Individuum. Wie gesagt, das Wachstum von Haaren ist ein extrem komplexer Prozess.
Vielen Dank für das kurze Gespräch.
Wir bleiben dran. Und egal, ob Sie nun glatte oder lockige Haare haben. Pflegen und stylen Sie ihre Haare so, wie sie es mögen und wie es Ihnen guttut. Dann haben Bad Hair Days wirklich keine Chance.
Interessantes zum Thema finden Sie auch unter: „Why is hair curly?—Deductions from the structure and the biomechanics of the mature hair shaft.“